Foto des Heilbrunnens

Auf dem Natursteig Sieg führt einer von mehreren Wegen zum sagenumwobenen Heilbrunnen, in einer bewaldeten Talsenke zwischen den Ortschaften Leuscheid und Herchen gelegen. Seine besondere Bedeutung erfährt dieser Ort durch die gleichnamige Sage aus dem 13. Jahrhundert, die von einer über 800 Jahre zurückliegenden wunderbaren Heilung an dieser Quelle zuberichten weiß.

Der Heilbrunnen erfährt seit Jahrhunderten die Wertschätzung zahlreicher Menschen von nah und fern, die durch persönliches Erleben einebesondere Nähe mit diesem Ort verbindet. Manche schreiben dem Quellwasser eine besondere Heilkraft zu.

Im Rahmen des Regionale-Projektes „ Natur und Kulturquer zur Sieg“ erfuhr der Heilbrunnen im Jahr 2011 eine behutsame Neugestaltung, die seinen ursprünglichen Charakter bewahrt.

2 Filme von der neuen Einweihung der Heilbrunnenanlage im Jahre 2012 findet man hier.

Die Heilbrunnensage

In der Nähe von Dierdorf liegt an der Mündung eines Baches der kleine Ort Grenzenbusch. Wandern wir den Bach aufwärts, so kommen wir zu einem breiten Talkessel, in welchem die Burg Grenz steht. Vor langer Zeit (etwa 800 Jahre) war Ritter Guntram Herr dieser Burg. Er war ein Raubritter. Schon sein Aussehen flößte den Menschen Furcht ein. Sein Körper war kräftig, seine Augen klein und tückisch, sein Haar rot und struppig. Mit Schwert und Lanze konnte er gut umgehen. Gern suchte er den Streit. Jagd und Saufgelage waren seine liebsten Beschäftigungen. Seine besten Freunde hielt nur die Furcht vor ihm ab, seine Feinde zu werden.

Im 30. Lebensjahr wollte er sich eine Gemahlin auf die Burg holen. Er brauchte einen Sohn als Erben. Das Burgfräulein Agnes von Hartenfels war die Auserwählte. Er versuchte erst gar nicht, durch Liebenswürdigkeit die Zuneigung des Burgfräuleins Agnes zu erringen. Durch Drohung und Gewalt zwang er den Vater, ihm die Tochter zur Gemahlin zu geben.

Für Frau Agnes wurde es ein bitteres Leben. Schon bald nach der Hochzeit kümmerte sich Ritter Guntram nicht mehr um seine Frau. Als Frau Agnes ein Kind erwartete, blickte sie etwas hoffnungsvoller in die Zukunft. Würde Ritter Guntram sich nicht auf einen Stammhalter freuen und vielleicht doch etwas freundlicher werden? Aber kein Knabe, sondern ein Mädchen wurde geboren. Ritter Guntram war bitter; kümmerte sich nicht um Frau und Kind. Kaum wußte er, daß seine Tochter auf den Namen Mathilde getauft war. Frau Agnes wurde immer trauriger. Jetzt erst sah der Vater, Bruno von Hartenfels, in welches Unglück er seine Tochter gezwungen hatte. Um ihr zu helfen, schickte er seinen Burgkaplan zur Tochte auf die Burg Grenz. Dieser Burgkaplan, Pater Anselmus, wurde von Ritter Guntram geduldet. Er konnte der Burgherrin mit Rat und Trost helfen. Auch um die kleine Mathilde kümmerte er sich. Bei ihm lernte sie Lesen und Schreiben und Harfe spielen. Auf Ritter Guntram hatte er jedoch keinen Einfluß.

Oft wanderten die Burgfrau und die Tochter durch das Land und halfen, wo sie in den Dörfern Not und Armut antrafen. Eines Tages wurde ein Gefangener in der Burg Grenz in den Kerker geworfen. Es war der Kohlenbrenner Anton. Er hatte in seinem Gemüsegarten mit einer Schlinge einen Hasen gefangen. Da das Wild dem Burgherren gehörte, war er schuldig geworden. Jonas Gierig, der den Hasen in der Köhlerhütte hängen sah, lief zum Ritter Guntram und meldete sofort diese Freveltat. Er hoffte auf eine gute Belohnung des Burgherren. Ritter Guntram war über die Tat des Kohlenbrenners Anton sehr erbost und bestrafte ihn hart und grausam. Er befahl, ihn zu blenden, damit er sein Augenlicht verlor, und dann in den Kerker zu werfen. Alle Bitten der Burgfrau und der Tochter halfen nichts.Ritter Guntram ließ die Strafe ausführen. Nachdem der Kohlenbrenner Anton sein Augenlicht verloren hatte, schickte er ihn jedoch nach Hause, wo er von seiner Tochter Maria gepflegt wurde. Mathilde und ihre Mutter halfen dieser unglücklichen Familie, indem sie Heilsalben und Lebensmittel in die Köhlerhütte schickten. Der Jäger Ulrich war der Herrin treu ergeben und brachte die Geschenke zur unglücklichen Familie.

Die Burgherrin hatte bisher schon viel Leid erfahren. Noch größer wurde ihr Leid, als eines Tages ihre Tochter Mathilde das Augenlicht verlor. Sie konnte keine Blumen, keine Bäume und mehr erkennen. Diesen Schmerz ertrug die Burgherrin nicht mehr. Bald darauf verkündete die Burgglocke den Heimgang der Burgherrin. Mathilde war nun noch einsamer. Nur Pater Anselmus stand ihr zur Seite.

Als der deutsche König Adolf von Nassau zum Krieg rief, zog auch Ritter Guntram zu ihm. Der Jäger Ulrich mußte ihn als Waffenknecht begleiten. In der Nähe von Worms kam es zum Kampf und Ritter Guntram fiel. Ulrich, der wie durch ein Wunder entkam, brachte die Kunde zur Burg Grenz. Nun hatte Mathilde auch ihren Vater verloren. Damit wurde aber ihr Schicksal nicht besser. Aus den vielen Freunden des Ritters wurden nun Feinde. Angeführt durch Jonas Gierig faßten sie den Plan, die Burg zu überfallen und die Beute zu teilen. Mathilde sollte in einem Burgverlies versteckt und Pater Anselmus getötet werden.

Pater Anselmus hatte sich um ein sicheres Unterkommen für die hilflose Mathilde bemüht. Im Nonnenkloster in Herchen war seine Schwester Äbtissin. Hier sollte Mathilde in Ruhe und Frieden ihr Leben verbringen. Dem Jäger Ulrich wurde die Burg zur Überwachung übergeben und in aller Heimlichkeit brach die Reisegesellschaft nach. Ohne Störungen und bei strahlendem Sonnenschein erreichten sie die Höhen bei Obersaal. Zu einer Rast legte man sich in den Schatten der Eichen und Buchen, welche damals auf diesen Berghöhen standen. An der mitgeführten Speise wollte man sich für die letzte Wegstrecke stärken. Alle lechzten nach einem frischen Trunk. Zwei Begleiter wurden ausgeschickt, um eine labende Quelle zusuchen. Bald kamen sie zurück und berichteten von einer Quelle am nahen Berghang. Froh eilten alle hin, erfrischten sich und tranken von dem köstlichen Nass. Auch Mathilde wurde an die Quelle geführt und kühlte ihr erhitztes Angesicht mit dem klaren Wasser und stillte ihren Durst. Traurig sprach sie: „O Gott, wäre es doch auch mir vergönnt, einen Blick auf diese schöne Gegend zuwerfen.“ Als sie weiter ihr Antlitz mit dem klaren Wasser kühlte und diesen Wunsch ausgesprochen hatte, fingen ihre Augen an hell zu werden. Alle Gegenstände erschienen ihr wie im Abenddämmerschein. War es Einbildung oder konnte sie wirklich sehen? Während die Glückliche fortfuhr, ihr Gesicht mit dem Wasser zu kühlen, traten die Gegenstände immer deutlicher hervor. Sie erkannte die Menschen, die Bäume, die Berge, das Wasser, die Sonne. Freudig erschreckt rief sie aus, „ O Gott sei Dank, ich kann wieder sehen!“ Überwältigt von diesem Erleben sanken sie und ihre Begleiter auf die Knie und dankten Gott für die wunderbare Hilfe. Frohen Mutes zogen sie weiter nach Herchen ins Kloster. Die Äbtissin ließ die Quelle einfassen und aus Dankbarkeit ein Kreuz errichten. Oft wanderte Mathilde noch von Herchen zur Heilquelle, um Gott für diese wunderbare Tat zu danken.